Virtuelle Teams und Homeoffice für alle administrativen Mitarbeiter wurden im Februar 2020 noch von vielen Unternehmen als unmöglich gehalten. Andere Unternehmen leben das schon seit vielen Jahren. Arbeitnehmende kommen nicht mehr am Morgen ins Büro, bedienen die Stempeluhr und verlassen es am Abend wieder. Die Teams sind nun verteilt im Homeoffice. Das Modell bietet große Chancen, um es positiv zu nutzen, sollten einige Dinge beachtet werden.

Chancen von virtuellen Teams

Ich selbst durfte bei Microsoft viele Jahre in virtuellen Teams, in ganz Zentral- und Osteuropa verteilt arbeiten. Teammitglieder konnten sich aussuchen, wie und wo er arbeiten möchte. Es stand ein Büro zu Verfügung, wenn die Arbeit zu Hause nicht leicht möglich war oder für Besprechungen. Ich konnte im Cafe oder beim Kunden arbeiten. Diese flexible Art zu arbeiten wird von vielen Jüngeren auch als Standard erwartet. Dieses Modell bietet eine Reihe von Chancen:

  • Freie Zeiteinteilung
    Mitarbeitende schätzen die Flexibilität und freie Zeiteinteilung. Arbeiten, Kinder vom Kindergarten abholen, schnell etwas einkaufen, und dann wieder weiterarbeiten. Motivierte Mitarbeiter tendieren in diesem Modell eher zu viel denn zu wenig zu arbeiten (anders als viele Führungskräfte eventuell erwarten).
  • Eigenverantwortung
    Teammitglieder können und müssen die Ihnen übertragenen Aufgaben mit einem hohen Grad an Eigenverantwortung durchführen.
  • Mitarbeitermotivation
    Durch die Eigenverantwortung werden Mitarbeitende stärker motiviert, Sie bekommen dadurch ein höheres Gefühl von Wirksamkeit ihrer Arbeit.
  • Ressourcenschonung
    Durch die flexible Arbeit vor allem auch zu Hause fällt der tägliche Weg in die Arbeit weg. Das reduziert Kosten für die Anreise, aber auch z.B. CO2 Ausstoß. Für Unternehmen reduzieren sich Reisekosten. Mitarbeitende gewinnen die Zeit für die Anreise ins Büro (das sind oft mehrere Stunden pro Woche). Auch Büroflächen und die damit einhergehenden Kosten werden für Unternehmen reduziert.
  • Flexibler Einsatz
    Unternehmen können durch mobile Arbeitsmodelle ExpertInnen flexibler einsetzen. Wenn Expertise notwendig ist, kann diese oft mittels Telekonferenz hinzugezogen werden. Teams können aufgrund der notwendigen Skills Standortunabhängig zusammengestellt werden.

Herausforderungen von virtuellen Teams

Den Chancen von virtuellen Teams stehen auch eine Reihe von Herausforderungen gegenüber:

  • Kontrolle
    Die Führungsmodelle der Vergangenheit setzten auf einen hohen Grad an Kontrolle. Die ist nun nicht mehr möglich. Im Internet wurden von Mitarbeitenden berichtet, dass Führungskräfte verlangten, dass Team-Mitglieder ihre Kamera während der Arbeitszeit eingeschaltet lassen, damit die Führungskraft die Team-Mitglieder weiter im Auge behalten kann. An diesem Beispiel sieht man wie tief die Angst vor Kontrollverlust bei einigen Führungskräften noch verwurzelt ist.
  • Vertrauen
    Führungskräfte müssen ihren Team-Mitgliedern daher ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringen. Vertrauen kann nur langfristig aufgebaut werden. 
  • Selbstorganisation
    Mitarbeitende sind gefordert mehr Selbstorganisation an den Tag zu legen. Dadurch dass Teammitglieder und Führungskräfte nicht den ganzen Tag zusammen sitzen, sind alle gefordert, den Tag und die Arbeit selbst zu strukturieren. 
  • Arbeitsplatz
    Wenn von zu Hause aus gearbeitet wird, müssen auch die Voraussetzungen dafür da sein. Auch im Homeoffice benötigt man einen abgegrenzten Arbeitsplatz, wo man in Ruhe und ungestört arbeiten kann. 
  • Eigenverantwortung
    Team Mitglieder sind für Teilbereiche innerhalb bestimmter Leitlinien eigenverantwortlich. Es muss hier klar definiert werden, wie diese Leitlinien aussehen und welche Entscheidungen selbstständig getroffen werden dürfen. 
  • Kommunikation
    Durch die physische Trennung wird der Stellenwert der Kommunikation noch höher. Es ist wichtig viel zu kommunizieren und zu hinterfragen ob der Inhalt der Kommunikation auch wie erwartet angekommen ist. Es ist ebenso wichtig auch die soziale Interaktion (Kaffetratsch) digital abzuhalten. 
  • Coaching und Mentoring
    Teams werden in virtuellen Teams anders geführt. Führungskräfte entwickeln sich weg von anleitenden und kontrollierenden Managern, hin zu Coaches und unterstützen Mitarbeiter in Bereichen wo dies notwendig ist.
  • Prozesse
    Unternehmensprozesse müssen darauf abgestellt sein, verteilte Teams zu unterstützen. Prozesse die stark Papier-getrieben sind, bzw. die physische Präsenz erfordern, weil die Betriebsmittel sich an einem bestimmten Ort befinden, sind nicht durch verteilte Teams umsetzbar. Homeoffice und mobile Teams erfordern daher die Digitalisierung von Unternehmensprozessen.
  • IT Unterstützung
    Im Zuge der Corona-Krise wurden zahlreiche Arbeitsplätze von Standgeräten auf Notebooks umgerüstet. Digitalisierte Prozesse alleine nützen nicht, wenn die Arbeitsplätze nicht mobil sind. Notebooks sowie Smartphones sind daher unumgänglich.
  • Generationen
    Die Rücksichtnahme auf unterschiedliche Bedürfnisse der Generationen ist bei der Einführung von neuen Technologien und Arbeitsweisen notwendig.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen
    Viele Rahmenbedingungen für virtuelle Teams fehlen noch. Bestehende Regelungen bedürfen es überarbeitet zu werden. Das geht von der Zeitaufzeichnungsplicht, Regelungen für Unfälle am Arbeitsplatz u.v.a.m. 

Es sind einige Punkte zu beachten, damit virtuelle Teams gut funktionieren. Die IT Unterstützung ist zwar eine notwendige Komponente, die wohl in der Corona-Krise teilweise gelöst werden konnte, sie ist aber nicht hinreichend.

Ein wichtiges, aber oft übersehenes Element damit virtuelle Teams gut funktionieren ist daher vor allem das Unternehmensleitbild. Dies ist der erste Schritt für eine moderne und motivierende Unternehmenskultur und die damit verbundene Veränderung der Führungsstile. 

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